← Home About Archive Photos Also on Micro.blog
  • Wie der Vater

    Während der Frankfurter Buchmesse 2019 wurde Tobias Blumenberg, seines Zeichens Zahnarzt im baden-württembergischen Örtchen Weingarten und Sohn Hans Blumenbergs, zu seinem Buch Der Lesebegleiter. Eine Entdeckungsreise durch die Welt der Bücher (Kiepenheuer & Witsch) befragt. Gleich zu Beginn des Gespräches sagte Blumenberg: »Und über das viele Lesen bin ich dann darauf gekommen, daß ich meine Erfahrungen auch weitergeben könnte, und diese Weitergabe steht ganz im Zeichen meines Vaters, denn mein Vater war zwar ein schrecklicher Mann, aber er hatte auch lichte Momente und in diesen lichten Momenten hat er mir bei nächtlichen Spaziergängen gesagt, was ich lesen sollte und was ich davon haben könnte an Profit, wie ein Zahnarzt es gerne möchte.« Was mag hinter dieser verstörenden Aussage stecken, daß Hans Blumenberg ein ›schrecklicher Mann mit lichten Momenten‹ gewesen sei? – Die Person des privaten, des Intim- und Familienlebens ist oftmals eine gänzlich andere als diejenige des öffentlichen Lebens, die Person, die man bloß als Schöpfer von Kunst-, Literatur- oder Musikwerken kennt. Es ist gewiß nicht einfach, Sprößling einer solchen gespaltenen Persönlichkeit zu sein; August von Goethe, die Mann-Kinder oder Sean Lennon kennen das Gewicht des berühmten Namens und den Träger, der sich dahinter versteckt.


    »Diwan – Das Büchermagazin. Gesprächsrunde mit Nora Bossong, György Dalos, Tobias Blumenberg und Reinhard Kleist.« hessenschau.de, 18. Okt. 2019, 31:29-32:00, https://www.hessenschau.de/kultur/gespraechsrunde-mit-nora-bossong-gyoergy-dalos-tobias-blumenberg-und-reinhard-kleist,video-105038.html.

    → 6:20 PM, Nov 1
  • Unzeitgemäße Persönlichkeiten

    Ich finde in einer Würdigung des englischen Dichters Ben Jonson (1572-1637) die bemerkenswerte Formulierung: »Shakespeare may have been for all time, but Jonson was so of his own age that he remains more tangible as a personality.« Demnach unterscheiden sich die beiden Freunde Shakespeare und Jonson kategorial, und zwar durch die Oppositionspaare Weltzeit/Lebenszeit, göttlich/menschlich, abstrakt/konkret, unfaßbar/faßbar. Die Persönlichkeit Jonsons, die ihn als Vertreter seiner Zeit auszeichne und fixiere, habe Shakespeare zugunsten einer epochenübergreifenden, unmenschlichen Unpersönlichkeit abgelegt. Dennoch muß auch Jonson die immortalitas zugesprochen werden: noch immer spricht und schreibt man über ihn, man spielt und liest ihn, man würdigt ihn.


    Ed Simon. »The Other Folio: On the Legacy of Ben Jonson.« The Millions, Oct. 7, 2016, http://www.themillions.com/2016/10/the-other-folio-on-the-legacy-of-ben-jonson.html.

    → 11:30 AM, Oct 12
  • RSS
  • JSON Feed
  • Micro.blog