feminin
PPA
Eine Frage, die mich schon seit geraumer Zeit umtrieb, und einhergehend damit ein Phänomen, das mich verwirrte, wurde heute durch einen fundierten Artikel des Sprachwissenschaftlers Helmut Glück in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung behandelt: Ist das Partizip I ein geeignetes oder gar das richtige Mittel, um die Geschlechterdifferenzierung in der Sprache aufzuheben? Glück, Gründungsherausgeber des Metzler Lexikon Sprache, weist auf die »Grundbedeutung des Partizips I« hin, nämlich die »Gleichzeitigkeit: ein Trinkender trinkt gerade jetzt, ein Spielender ist beim Spielen, ein Denkender denkt in diesem Moment. Trinker, Spieler und Denker hingegen üben die jeweilige Tätigkeit gewohnheitsmäßig aus.« Im folgenden geht Glück den Begriffen ›Student‹ und ›Studierender‹ sowohl historisch als auch statistisch nach, führt Definitionen aus Wörterbüchern an und zeigt an diversen Beispielen auf, wie ungrammatisch und (semantisch) falsch eine derartige Entwicklung politisch korrekten Sprechens ist (beispielsweise müßte die Ableitung ›studentisch‹ zu ›*studierendenisch‹ umgeformt werden). Man sollte diesem Trend also mit größter Skepsis und Standhaftigkeit begegnen, was keineswegs Kennzeichen von Engstirnigkeit, Ewiggestrigkeit oder gar Misogynie, sondern vielmehr Ausdruck eines Sprachgefühls ist, auf dem allzu schnell, allzu hitzig und allzu kopflos im Zuge eines immer aggressiver ausgetragenen Geschlechterkampfes herumgetrampelt wird. »Es gibt viele Fälle«, so Helmut Glück, »in denen Wörter und Wendungen zu Instrumenten politischer Propaganda gemacht wurden. Dass eine Endung mit einer klaren Bedeutung zu solchen Zwecken herangezogen wird, ist beispiellos.«
Helmut Glück. »Studenten sind nicht immer Studierende.« Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Aug. 2019, p. 6.