Das Glück des Cristiano Ronaldo

Der in Harvard lehrende Moralphilosoph Michael Sandel erinnert in einem Interview anläßlich der Publikation seines neuen Buches Vom Ende des Gemeinwohls an etwas Triviales, dessen man sich in unserer heutigen Leistungs- und Wertegesellschaft jedoch unbedingt bewußt sein sollte (ich zitiere den Dolmetscher):

Nehmen wir etwa einen sehr erfolgreichen Sportler wie Cristiano Ronaldo, der Dutzende Millionen an Gehalt einstreicht, ein bedeutender Fußballspieler. Aber ist das wirklich sein eigenes Verdienst, die Talente, die er hat, daß er so gut Fußball spielt? Hat er nicht auch großes Glück gehabt? Ist es nicht auch Zufall, daß er in einer Gesellschaft lebt, die eben Fußballspielen so schätzt und die ihm es ermöglicht hat, solchen Erfolg zu erringen? Hätte er in der Renaissance gelebt, wo die Menschen eben für Fußball nicht so große Achtung hegten, sondern vielleicht eher für Fresko-Maler, da hätte sein Leben einen ganz anderen Verlauf genommen. Und so gilt es eben auch für die Wirtschaft insgesamt: Wir, die wir Erfolg haben im Wirtschaftsleben, sollten uns immer dessen bewußt sein, daß wir Glück haben, daß wir eben belohnt werden für das, was wir können, durch eine Gesellschaft, die eben zufälligerweise das schätzt, worin wir gut sind.

Die heute Erfolgreichen sollten also Demut zeigen und Angst haben vor einer neuen Renaissance – aber vielleicht ist diese bereits subtil am Werk.


»Philosoph Michael Sandel über Corona in den USA (Gespräch).« Deutschlandfunk Kultur. Sein und Streit, 1. November 2020, 21:16-22:20, podcast-mp3.dradio.de/podcast/2…


Weniger unglücklich?

Ich lese einen Artikel im New York-Magazin über die Online- oder besser Nachrichten-Sucht im Zeitalter des nach unten gerichteten Blicks. Darin der Satz: »Has our enslavement to dopamine — to the instant hits of validation that come with a well-crafted tweet or Snapchat streak — made us happier? I suspect it has simply made us less unhappy, or rather less aware of our unhappiness, and that our phones are merely new and powerful antidepressants of a non-pharmaceutical variety.« Nicht mehr lange und die Krankenkasse bezuschußt den Smartphone-Kauf!


Andrew Sullivan. »I Used to Be a Human Being.« New York, Sep. 18, 2016, http://nymag.com/selectall/2016/09/andrew-sullivan-technology-almost-killed-me.html.


Memento Goethe! Remember love!

Clärchen sieht es ganz klar: Nur die unsichere Liebe ist die wahre Liebe.

Freudvoll

und leidvoll,

gedankenvoll sein,

Langen und bangen

in schwebender Pein,

Himmelhoch jauchzend

zum Tode betrübt,

Glücklich allein

ist die Seele die liebt.

Johann Wolfgang Goethe. »Egmont. Ein Trauerspiel in fünf Aufzügen.« Italien und Weimar. 1786-1790. Herausgegeben von Norbert Miller und Hartmut Reinhardt. Hanser, 1990. Genehmigte Taschenbuchausgabe. btb, 2006, pp. 246-329, hier p. 286. Sämtliche Werke nach Epochen seines Schaffens. Münchner Ausgabe. Herausgegeben von Karl Richter in Zusammenarbeit mit Herbert G. Göpfert, Norbert Miller und Gerhard Sauder, Bd. 3.1.