Physiognomien, Teil 2

Am 30. Oktober 2012 habe ich an dieser Stelle folgendes geschrieben: »John Jeremiah Sullivan, der gerade im Kulturzeit-Studio auf 3sat von Tina Mendelsohn interviewt wird, hat einen auffallend kleinen Mund, so wie Nietzsche und Glenn Gould auffallend kleine Ohren hatten.« Nun fiel mir soeben auf, daß sich Nietzsche selbst – in metaphorischer Art – zu seinen Ohren geäußert hat, und zwar im Kapitel »Warum ich so gute Bücher schreibe« seines Ecce homo. Wie man wird, was man ist: »Wir wissen Alle, Einige wissen es sogar aus Erfahrung, was ein Langohr ist. Wohlan, ich wage zu behaupten, dass ich die kleinsten Ohren habe. Dies interessirt gar nicht wenig die Weiblein –, es scheint mir, sie fühlen sich besser von mir verstanden? … Ich bin der Antiesel par excellence und damit ein welthistorisches Unthier, – ich bin, auf griechisch, und nicht nur auf griechisch, der Antichrist …«

Friedrich Nietzsche, 1860

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Geistes- und Körpergrößen

Heute Morgen entdeckte ich in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (13. Jan. 2013, Seite 39) unter der Überschrift »Neue Rattles« folgenden Satz: »Ein Weltklassedirigent sollte grundsätzlich nicht größer sein als Karajan oder Napoleon (Stockmaß: 1,62).« Diese mich überraschende Körpergröße (wobei die Nachbarschaft von Dirigent und Kaiser – die Rollen sind austauschbar – nur auf den ersten Blick seltsam anmutet) erinnerte mich an eine Äußerung des Asketen Karajan, auf die ich vergangene Woche in Eric Schulz’ überaus sehens- und höhrenswerter Dokumentation Karajan. Das zweite Leben aufmerksam wurde: »Ich find’ das Wort von Goethe so schön, der sagt: ›Wenn mir mein Inneres so viel zu geben hat und mein Körper verweigert mir den Dienst, dann hat die Natur die Pflicht, mir einen andern Körper herzustellen.‹ Das ist ... da bin ich wirklich voll seiner Meinung.« Wo findet sich nur dieser Goethesche Ausspruch? Ganz nebenbei: Goethe überragt mit seinen 1,69 m Karajan und Napoleon um sieben Zentimeter (wohingegen Schiller mit seinen 1,90 m ein wahrer Hüne gewesen ist!).

Addendum, 17. Januar 2013: Wie ich soeben aus der 3sat-Kulturzeit erfahren habe, maß Richard Wagner nur 1,56 m, weshalb Cosima (die ihn um einen Kopf überragte) auf Fotos immer sitzen mußte.

Eleonore Büning. »Im Weinberg der Musik.« Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Dez. 2012, [www.faz.net/aktuell/f...](https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/karajan-das-zweite-leben-im-weinberg-der-musik-12001752.html.)

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100

Joel Stein just published his »The All-Time TIME 100 of All Time«, a list of the 100 most influential people of all time. We know such lists from Plutarch, Thomas Carlyle, Ralph Waldo Emerson or Harold Bloom. Charles Sanders Peirce’s »Study of Great Men« is less known, but worth looking at. It can be found in Vol. 5 of the Chronological Edition of his Writings (Indiana UP, 1993, pp. 26-106). He not only lists »300 Great Men«, he also composes several questionnaires plus several responses to those questions. It would be interesting to apply that Peircean concept to the TIME’s 2012 ranking.

»The 100 Most Influential People in the World.« TIME Magazine, Apr. 18, 2012, http://content.time.com/time/specials/packages/0,28757,2111975,00.html.

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