Immanuel Kant
Kants Schüler und Kants Richter
Bei Hans Blumenberg finde ich die folgende philosophiehistorische Einschätzung:
Der Berliner Arzt Markus Herz war, nach der Qualität des Briefwechsels mit seinem Lehrer zu urteilen, der bedeutendste Schüler Kants.
Herz starb im Januar 1803, gut ein Jahr vor seinem Lehrer. Ich frage mich, ob es heute, an Kants 300. Geburtstag, noch Kant-Schüler gibt – von bedeutenden oder gar dem bedeutendsten zeitgenössischen einmal abgesehen. Hat uns Kant, 220 Jahre nach seinem Tod, immer noch etwas zu sagen oder beizubringen? Kann er uns noch ›belehren‹, oder haben wir uns inzwischen oberlehrerhaft zu seinen Richtern aufgeschwungen?
Unflexibel?
Die heutzutage schockierend anmutende Tatsache, daß Kant von seinen 80 Lebensjahren ganze 74 in Königsberg und die restlichen sechs als Hauslehrer in der ostpreußischen Provinz verbracht hat, beweist, daß physische Unbeweglichkeit nicht mit geistiger gleichzusetzen ist. Ein rezentes und krasses Beispiel ist an der Person Stephen Hawkings festzumachen.
Manfred Geier. Aufklärung. Das europäische Projekt. 3. Aufl. Rowohlt, 2012, p. 246.