Wörter
Männliches No & weibliches Yes
Ich erfahre aus einer Besprechung des vierten und letzten Bandes der Beckett-Korrespondenz, daß der kürzeste in dieser Publikation abgedruckte Brief aus lediglich einem Wort bestehe: »No«, was Becketts Antwort auf eine Bitte um Erlaubnis, Eh Joe – das erste Stück, das der irische Schriftsteller fürs Fernsehen geschrieben hatte (1966) – mit männlicher statt weiblicher Sprecherstimme zu adaptieren, war. Becketts präzise Haltung, ja sein männliches »No« ist nicht weniger mißverständlich und endgültig als das weibliche »Yes«, mit dem Molly Bloom Joyces Ulysses abschließt, ein »Yes«, über das Jacques Derrida tatsächlich eine gut 50seitige Betrachtung angestellt hat! Als Joyce am »Penelope«-Kapitel schrieb, erklärte er seinem Freund Frank Budgen in einem Brief vom 16. August 1921 Mollys lexematische Körper-Topographie mit den Worten: »›Sie dreht sich wie der mächtige Erdball, langsam, sicher und gleichmäßig rund und rundherum, ihre vier Kardinalpunkte sind die weiblichen Brüste, Arsch, Uterus und Fotze, ausgedrückt durch die Wörter because, bottom (in allen Bedeutungen: Boden, Gesäß, Boden des Glases, Grund der See, Grund seines Herzens), woman, yes.‹«
David Wheatley. »Black diamonds of pessimism.« Rezension zu The Letters of Samuel Beckett, Volume Four: 1966-1989, herausgegeben von George Craig, Martha Dow Fehsenfeld, Dan Gunn und Lois More Overbeck. The Times Literary Supplement, Jan. 18, 2017, http://www.the-tls.co.uk/articles/public/beckett-letter-volume-four/.
Jacques Derrida. »Ulysses Gramophone. Hear Say Yes in Joyce.« Acts of Literature, herausgegeben von Derek Attridge, Routledge, 1992, pp. 253-309.
Frank Budgen. James Joyce und die Entstehung des ›Ulysses‹. Aus dem Englischen von Werner Morlang, Suhrkamp, 1982, p. 300.
Neologist
Ich erfahre aus einer Rezension im Harper’s Magazine, daß der Opiumesser Thomas De Quincey (1785-1859) laut dem Oxford English Dictionary die Begriffe ›vermeidlich‹ (evadable), ›krankhaft‹ (pathologically) sowie ›unterbewußt‹ (subconscious) in die englische Sprache eingebracht und damit gleichsam die Kategorien der modernen Psychologie erfunden habe. Ob diese Kreativität auf den exzessiven Genuß von Opium zurückzuführen ist, sei dahingestellt. Fest steht, daß De Quincey die Droge 1804 als Student in Oxford kennenlernte, anfänglich als Mittel gegen Zahnschmerzen, später dann als ›göttliches Vergnügen‹.
Matthew Bevis. »Supping on Horrors. Thomas De Quincey’s bad habits.« Rezension zu Guilty Thing: A Life of Thomas De Quincey, von Frances Wilson. Harper’s Magazine, Oct. 2016, http://harpers.org/archive/2016/10/supping-on-horrors/.